#gebietsreform

Politik

Interview mit Ilko Hoffmann

Herr Ilko Hoffmann, Bürgermeister von Breteleben, war so freundlich, uns einige Fragen zu beantworten. Es geht um den Gemeinderatsbeschluss im Zuge der Gebietsreform Verhandlungen mit der Stadt Artern aufzunehmen.

Foto: wikipedia, Claus Thoemmes - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31222571

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Bretleben. Sehr geehrter Herr Hoffmann,
Danke, dass Sie sich Zeit nehmen unsere Fragen zu beantworten. Die Sitzung des Gemeinderats und dessen Beschluss Verhandlungen mit der Stadt Artern aufzunehmen, kam nicht unerwartet, trotzdem gab es teils heftige Reaktionen. Der Hintergrund ist der drohende Zerfall der Verwaltungsgemeinschaft „An der Schmücke“, die ohne Bretleben 2035 laut Prognose nun noch deutlicher unter 6000 Einwohnern liegen wird.

Wie kamen Sie auf die Idee den Kontakt nach Artern zu suchen?

Es handelt sich hier weniger um eine Idee, sondern eher um einen notwendigen- durch das Vorschaltgesetz vorgeschriebenen und auch logischen Schritt. Die Gemeinden sind entsprechend den Anwendungshinweisen für freiwillige Neugliederungen an Richtlinien gebunden, welche weitestgehend erfüllt werden sollten. Wir haben uns deshalb strikt an das ThürGVG gehalten. Die Stadt Artern war daher von Anfang an auf unserer Favoritenliste.

Welche Gründen sprechen aus Ihrer Sicht dafür, die Zukunft Bretlebens in einer Gemeinde mit der Stadt Artern zu suchen?

Wie ich bereits erläutert habe, spielten bei unserem ersten Beschluss die Zukunftsaussichten eine untergeordnete Rolle. Zuerst war und ist es uns wichtig, dass wir mit unserer Entscheidung dem Vorschaltgesetz entsprechen. Jetzt müssen zügig aber auch fair die Vertragsverhandlungen beginnen. Wenn diese dann erfolgreich beendet sein werden, müssen die Anträge an das Innenministerium gestellt werden. Es ist also noch einiges an Arbeit nötig. Wenn letztlich die Zustimmung der Landesregierung vorliegt, können wir alle gemeinsam die Zukunft der neuen Gemeinde gestalten.

Welchen Stellenwert nimmt für Sie der Beschluss des Arterner Stadtrats ein, eine Landgemeinde statt einer Einheitsgemeinde anzustreben?

Auch diese Entscheidung des Stadtrates war für uns nebensächlich und nicht entscheidend. Die Gründung einer Landgemeinde bedeutet zwar für die einzelnen Gemeinden ein wenig mehr Eigenständigkeit und auch Einflussmöglichkeiten. Allerdings hätte man sich diese Rechte auch in den Eingemeindungsvertrag sichern können.

Haben Sie Sorgen in Anbetracht der relativ hohen Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Artern?

Die Schulden der Stadt Artern interessieren mich nicht. Viele Gemeinden, auch unsere, handeln nach einem Haushaltsicherungskonzept. Nach dem Zusammenschluss könnte die neue Landgemeinde in den Genuss der durch die Landesregierung versprochenen Strukturbegleithilfe kommen. Damit wird eine enorme Schuldentilgung möglich sein - wofür diese auch ausschließlich gedacht ist. Frau Hochwind hat in Ihrer Rede zum Neujahrsempfang wichtige Impulse aus Sondershausen mitgebracht. Diese beweisen, dass Artern als Mittelzentrum immer mehr in den Fokus von Kreis und Land rückt, was auch höchste Zeit wird! Damit hat Artern absolutes Entwicklungspotenzial. Sorgen bereitet mir nicht die aktuelle Verschuldung, sondern der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Was nützen Industriegebiete, wenn kaum noch Menschen da sind, die in diesen Arbeiten. Viel zu viele junge Menschen haben die Region verständlicher Weise verlassen. Wir müssen gemeinsam unsere Region wieder attraktiv machen und damit junge Familien überzeugen, in dieser zu wohnen. Nach meiner Auffassung fehlen gute und unbürokratische Förderprogramme für Hauseigentümer, Ärzte, und Unternehmen. Auch attraktives und bezahlbares Bauland für Eigenheime ist wichtig. Im ländlichen - unserem Bereich - gibt es diese Flächen. So könnte man auf dem Land ruhig und behütet wohnen und in Artern arbeiten. Viele Familien wünschen sich diese Kombination.

Was erwarten Sie von der Stadt Artern?

Speziell bei den Verhandlungen, welche den Zusammenschluss zur Landgemeinde bewirken sollen, verlangen wir einen fairen Umgang. Der durch unseren Gemeinderat gefasste Beschluss ist noch nicht der Beitrittsbeschluss, sondern erst der Beschluss, zur Ermächtigung des Bürgermeisters, Verhandlungen zu führen. Sollten wir bei den Verhandlungen die Interessen unserer Gemeinde nicht angemessen umsetzen können, kann es auch noch zum Abbruch kommen. Allerdings gehe ich nicht davon aus.

Hatten Sie schon Kontakt mit der Bürgermeisterin? Wissen Sie schon, wann das erste Treffen zu Verhandlungen stattfinden wird?

Erst einmal müssen die anderen potenziellen Gemeinden auch ihre Verhandlungsbereitschaft erklären. Natürlich soll dies keine Endlosgeschichte werden, denn der Zeitplan ist eng gestrickt. Daher ist es mir wichtig, dass die ersten Gespräche schnellstens beginnen. Einen Termin gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Wir werden nun unsere Wunschliste erarbeiten, mit welcher wir in die Verhandlungen gehen.

Sehen Sie noch Chancen, dass die VG „An der Schmücke weiter existiert“?

Alle VG´s in Ihrem jetzigen Zustand werden per Gesetz aufgelöst, auch die VG „An der Schmücke“. Es stellt sich die Frage, ob die übrigen 7 Gemeinden eine Ausnahmegenehmigung von der Landesregierung erhalten werden, um eine eigene Landgemeinde zu gründen. Wir sind der Auffassung, dass dies nicht der Fall sein wird. Solche Ausnahmen bedürfen auch besonderer Umstände. Diese Umstände sehen wir nicht als gegeben an. Unsere Entscheidung spiegelt keine persönlichen Vorbehalten gegen die Mitgliedsgemeinden der VG „An der Schmücke“ wieder. Wir waren bisher in dieser Gemeinschaft gut aufgehoben und würden diese, falls das Vorschaltgesetzt doch noch vom Thüringer Verfassungsgericht für rechtswidrig erklärt wird, nicht verlassen.

Haben Sie noch abschließende Worte?

Ich wünsche mir, dass es bei den Debatten im Stadtrat Artern und auch im künftigen Landgemeinderat immer um die Sache geht und nicht um politische Ansichten. Die positive Entwicklung unserer Region sollte immer Ziel eines jeden Volksvertreters sein, egal welcher Partei dieser angehört. Dafür ist die Zusammenarbeit aller notwendig.

Vielen Dank Herr Hoffmann für das Interview!

Matthias Zupp

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