Kyffhäuserkreis. Am 30. April jeden Jahres ruft der Deutsche Kinderschutzbund den Tag der gewaltfreien Erziehung aus.
Vor 20 Jahren, am 6. Juli 2000, beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit das "Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung". Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 1631 Abs. 2 heißt es seitdem: " Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ Also eigentlich ein Jubiläum zum Feiern, in diesem Jahr muss diese Thematik in anderen Formen die volle Aufmerksamkeit aller gesellschaftlichen Kräfte erhalten.
In zwei Jahrzehnten ist viel geschehen, um Kindern und Jugendlichen ein gewaltfreies Aufwachsen zu ermöglichen. Große Anstrengungen von Eltern, von Erzieher/innen, von Lehr- und Fachkräften, von der Wissenschaft und Verantwortlichen in Politik und Zivilgesellschaft waren und sind erforderlich, um dieses Recht für die Kinder sicherzustellen.
Doch wir sehen auch, dass immer noch Kinder und Jugendliche körperliche und seelische Gewalt erfahren oder Gewalt in Erziehungsverhältnissen bagatellisiert wird, dass Kinder und Jugendliche sexuellen Missbrauch erleben, Mobbingerfahrungen machen oder Diskriminierung ausgesetzt sind. Die Möglichkeiten der neuen Medien, Gewalt anzubahnen und auszuüben, verweist auf einen hohen Diskussions-, Klärungs- und Handlungsbedarf zum Schutz der Kinder. Nach wie vor gibt es drängende Herausforderungen bei der Umsetzung des Rechts auf eine gewaltfreie Persönlichkeitsentwicklung. Vielen Eltern gelingt es sehr gut auf ihre Kinder einzugehen, einige andere benötigen Unterstützung und praktische Hilfe, um ihren Erziehungsauftrag ohne Gewaltanwendung meistern zu können.
Die derzeitige Situation und die Folgen des Umgangs mit der Corona-Pandemie betreffen viele gesellschaftliche Bereiche, aber vor allem auch das familiale Zusammenleben. Familien mussten ihren Tagesablauf neu strukturieren und ihr Zusammenleben umgestalten. Sie müssen sich täglich, in der Zeit häuslicher Beschränkung, neu erfinden und Rituale der Gemeinsamkeit entwickeln. Kinder benötigen nicht perfekte Eltern. Aber Rituale geben ihnen Struktur und Halt, sie tragen zur Stärkung der Kinder bei und können sehr entspannend wirken. Aber Verunsicherungen in der aktuellen Krise, die enge Familiensituation und existentielle Sorgen können ebenso zu Konflikten und gewaltsamen Auseinandersetzungen führen. Es ist zu erwarten, dass gewalttätiges Handeln in Familien stärker werden wird, je länger diese Situation und die erforderlichen Maßnahmen andauern. Die neue familiale Nähe schafft auch ein Potential für sexuelle, körperliche und andere Formen der Gewalt innerhalb von Familien. Mit Kindern auf engem Raum zusammenzuleben und diese zu erziehen kostet immer Zeit und benötigt viel Kraft, kann aber manchmal auch anstrengend sein. Hierbei können Eltern an ihre Grenzen kommen. Kinder und Jugendliche sind in besonderer Weise von der derzeitigen Situation betroffen. Ihnen sind die alltagsstrukturierenden Angebote abhandengekommen, gewohnte Ansprechpartner/innen sind nicht mehr verfügbar und sie können ihre Kontakte zu Freunden nur über soziale Medien pflegen. Damit haben sie auch weniger Möglichkeiten, eigene Ängste und Sorgen zu thematisieren. Kinder und Jugendliche brauchen gerade in der gegenwärtigen Situation Ansprache, Halt und Zuversicht. Dafür braucht es verlässliche Ansprechpartner, wenn nicht durch persönliche Begegnungen, dann am Telefon.
Aufgrund der Corona- Pandemie müssen zusätzlich, zu den bisher möglichen persönlichen Kontakten, Wege gefunden werden, um Hilfen in Not zu leisten. So sind im Kyffhäuserkreis, im Land Thüringen oder auch auf Bundesebene Ansprechpartner über Telefone geschaltet, diese können in Notsituationen ein wichtiger Rettungsanker sein.
v Kinderschutzdienst Kyffhäuserkreis 0173/ 59 46 65 0
v „Frühe Hilfen“ Kyffhäuserkreis 0173/ 57 13 57 5
v Jugendamt Kyffhäuserkreis 03632/ 74 16 42
v Kinder- und Jugend Sorgentelefon 0800 008 0080
v „Nummer gegen Kummer“ 116 111
Die Landesarbeitsgemeinschaft Kinderschutz in Thüringen hat aktuell einen Trailer #wirsindfüreuchda erstellt. Dieser ist unter www.jugendschutz-thueringen.de oder der Homepage des Landkreises www.kyffhauser.de zu sehen.
Einen Ansprechpartner zu haben, wo man Verständnis erfährt und Möglichkeiten aus der Gewalt findet, ist ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg ohne Gewalt leben zu können.