Land und Leute
Kyffhäuserhütte Artern
Historischer Abriss der Geschichte der Kyffhäuserhütte Artern von der Gründung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs von Ing. Volkmar Künne
12. Januar 2013
12.01.2013
Artern. Es wird der Versuch unternommen, anhand von Unterlagen und Berichten, welche sich im Besitz der „Ständigen Ausstellung zur Geschichte der
Kyffhäuserhütte Artern" befinden, einen Geschichtsabriss mit Jahreszahlen zur Geschichte der Kyffhäuserhütte zu erstellen.
Nähere Einzelheiten können sie in der „Ständigen Ausstellung zur Geschichte der Kyffhäuserhütte Artem" erfragen bzw. erlesen. Die Ausstellung ist
immer freitags geöffnet.
1881: - Am 1. Juli gründet Paul Reuß auf einem halben Morgen Feld „Am Pflaumenweg" nach Voigtstedt in der Nähe des Bahnhofs zu Artern eine
80 qm große Blechschmiede mit Schlosserei. Zu den ersten Tätigkeiten zählte die Herstellung von Rohrleitungen und Gefäßen aus Kupfer und Eisen sowie die Ausbesserung von Maschinen, Apparaten für Brauereien, Brennereien und Zuckerfabriken.
Zur Belegschaft zählte neben dem Firmengründer ein Geselle und ein Lehrling.
1883: - Reuß ließ vom Arterner Maler Rasch das bekannte Ölbild malen. Es zeigt Meister Reuß mit seinem 1. Gesellen Fritz Ziegner sowie Vater und Sohn Friedrich Liebau in der Werkstatt. Das Bild hing Jahrzehnte im Büro des Betriebsdirektors.
1884: - Ein Brand zerstörte die Werkstatt, die aber bald schon vergrößert wieder aufgebaut wird. Der Betrieb wird auf die Herstellung von Viehfutterdämpfern, Rübenstechern, Kartoffelwäschen, Torfstreuzerkleinerungs- maschinen und Kartoffel quetschen erweitert.
4 Gesellen und 2 weitere Lehrlinge wurden beschäftigt.
Reuß erkannte, dass nur durch Ausbildung
von Lehrlingen, sich ein Stamm von guten Facharbeitern bilden kann.
1886: - Hatte Reuß schon 12 Gesellen, es wurden nun auch hergestellt: Melassekästen, Rübenprobestecher (DRP), Kornprüfer in handwerklicher Fertigung.
1887: - Wurden die Arbeitskräfte verdoppelt. Die Dampfkraft wurde mit zur Hilfe genommen, aus der Werkstatt wurde eine Fabrik. Sie nannte sich Maschinenfabrik P. Reuß Artem.
1889: - Konnte Reuß die Geschäfte nicht mehr alleine führen, es musste eine getrennte kaufmännische
Verwaltung eingerichtet werden. Weit vorausschauend gab Reuß der Fabrikation eine bestimmte Richtung und er begann mit der Produktion
landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte. Entwicklung und Herstellungsbeginn eines kombinierten Kartoffeldämpfers mit Kartoffelquetsche.
(Reformdämpfer) und eines Kippdämpfers mit aufklappbarem
Mantel. Beide Geräte finden gute Aufnahme in der Landwirtschaft. Das gestiegene Geschäftsvolumen macht den Aufbau einer kaufmännischen
Verwaltung erforderlich.
1891: - Betrug die Belegschaft 43 Personen. Neu hinzu kamen jetzt Düngermühlen, Viehfutterdämpfer,
Kartoffeldämpfer und Anlagen, Kartoffelquetschen, Jauchefässer, Jauchepumpen versch. Systeme.
1892: - Um- und Ausbau der Schmiede zur fabrikmäßigen Produktionsstätte.
1895: - Eine weitere Fabrikationsstätte für Milchentrahmungsmaschinen wird errichtet. Es ist jener Bau, welcher am 29. Mai 1930 am Himmelfahrtstag
abgebrannt ist und an dessen Stelle
später in den Jahren 1935-37 das Gebäude der mechanischen Abteilung errichtet wurde. Die Milchzentrifugen, die im Laufe der Jahre unter den
Marken KAHA, Planet und Zenit vermarktet werden, zeichnen sich durch solide Bauart und gute Entrahmung aus. Niederdruck-Dampfkessel und Düngermühlen runden das Produktions-programm ab.
1896: - Bestand die Belegschaft aus 85 Personen. Umfangreiche Lieferungen aller Fabrikationsarten gingen nach dem In- und Ausland. Das war ein Beweis für gute Qualität der Erzeugnisse. Der gute Ruf des Unternehmens steigerte sich von Jahr zu Jahr.
1897: - Gründung der Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von 400.000 RM. Wahl von Paul Reuß zum Vorsitzenden.
Der neue Name des Unternehmens:
,,Aktienmaschinenfabrik Kyffhäuserhütte vormals Paul Reuß Artern“ mit dem Warenzeichen
„AKRA“ Aktienmaschinenfabrik Kyffhäuserhütte Reuß Artern.
Dieses Warenzeichen hatte Bestand bis 1957.
Ebenfalls wurde im Jahr 1897 mit der Entwicklung und Fabrikation von kleinen Milchentrahmungszentrifugen mit Handbetrieb zum Hausgebrauch und in der Landwirtschaft begonnen. Es sollte die Produktion für die kommenden 100 Jahre werden.
1903: -Neugestaltung des gesamten Fabrikgeländes. Neuerrichtung von Maschinenhaus, Kesselhaus, Verzinkerei, Verzinnerei und ein 3-geschossiges Fabrikgebäude.
-Erweiterung um zwei Dampfkessel zwecks Inbetriebsetzung des erweiterten Maschinenparks.
-Beschäftigtenzahl stieg auf 209 Personen.
-Erhöhung Aktienkapital auf 1,O Mill. Reichsmark
1905: - Beginn des Motorenbaus in der heute unter Denkmalschutz stehenden Werkhalle ,,Motorenbau", später auch Gebäude 33 genannt.
1906: - 25jähriges Bestehen der Firma. Belegschaftsstärke betrug 500 Mann. Erwirtschafteter Gewinn der Produkte verringerte sich auf Grund des Motorenbaus.
1907: - Paul Reuß tritt in Artern als Förderer der Kultur in Erscheinung und stiftet unter anderem die Plastik des Roland, die am 14.4. über dem Eingang des Ratskellers aufgestellt wird. Sie befindet sich dort in einer Neuan-fertigung bis heute aufgestellt
-Stammkapital beträgt 1,5 Mill. Mark
-Kompensation der Vorjahrsverluste durch Dresch- maschinen, Jaucheverteiler und Schleudern, sowie
Mehlsichter.
1908: - Erweiterung der Produktions-palette um Kultivatoren, Dresch-maschinen und Dieselmotore für die Landwirtschaft.
1910: -Herstellung von Schrotmühlen. Fusion mit der Ergon – Kosmos - AG Karlsruhe.
1911: - Auflösung dieser Gesellschaft und Beteiligung an den neu gegründeten Ruhrwerken in Duisburg.
1912: - Beginn der Produktion von Motortragpflügen
unter dem Markennamen AKRA. Der AKRA- Motorpflug wird von einem 4 Zylinder Benzinmotor mit 80 PS angetrieben.
Er hat sieben an einem Hilfsrahmen befestigte, höhenverstellbare Pflugkörper. Besondere Kennzeichen des AKRA-Motorpflugs sind sein hohes Eigengewicht von 9 t und die 2,40 m hohen Antriebsräder.
Zum Produktionsprogramm der Kyffhäuserhütte gehören stationäre 1 Zylinder Motoren ebenso wie
4 Zylinder Motoren. Gefertigt werden sie einem eigenen Gebäude, dem sog. Motorenbau. Angliederung der 1911 in den Fabrikgebäuden der Dampfkessel- und Maschinenfabrik Wiedenfeld & Co. GmbH gegründeten Ruhrwerke AG, Duisburg.
1913: - Verlust durch die Ruhrwerke infolge ungünstiger Prozesse und notwendiger Abschreibungen.
1914: - Einzug vieler Mitarbeiter zum Kriegsdienst. Im Rüstungsauftrag werden Granaten und Feldküchen verschiedener Größen sowie Heeres-geräte aller Art hergestellt. Die Produktion von landwirtschaftlichen Maschinen wird zurückgefahren.
Liquidation des Tochterunternehmens Ruhrwerke AG, Duisburg.
1915: - Rücktritt von Paul Reuß aus dem Vorstand aus gesundheitlichen Gründen. Gustav Gerasch und Wihelrn Lindenberg werden zu neuen Vorständen bestellt.
1916: - In die Motortragpflüge werden 4 Zy1.-Benzinmotoren mit 60 PS Leistung eingebaut.
Auch wird das rechte Antriebsrad der Fahrzeuge in der Höhe und auf der Achse verstellbar gebaut, so dass ein horizontales Arbeiten möglich wird.
1918: - Die Direktion des Werkes hätte hundertprozentig Kriegsproduktion vornehmen können, sie tat dies aber nicht, sondern hielt im Interesse ihrer alten Kundschaft die Produktion landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte, soweit es die schwierige Materialbeschaffung und der Facharbeitermangel zuließen zunächst, aufrecht. Hier sei auch das Geschick der leitenden Direktoren Gerasch und Lindenberg neben Paul Reuß erwähnt, in den schwierigen Kriegsjahren 1914 bis 1918 den Betrieb Aufrecht zu halten.
Nach Eintritt des Waffenstillstandes wurde die Kriegsproduktion am 31.12.1918 gänzlich eingestellt.
wird fortgesetzt!
Volkmar Künne