Politik

Stadtrat im ungewollten Spagath

Alles zur aktuellen Stadtratsitzung am 22.07.2013 von Torsten Blümel.

Artern. Der Diakonieverbund betreibt im Auftrag der Stadt die Arterner Kindergärten. In der letzten Sitzung hatte der Stadtrat nun darüber zu befinden, ob der Diakonieverbund die für den Betrieb der Kindergärten geforderte 400.000 Euro zusätzlich von der Stadt bekommt. Dabei zeigte sich, dass der Stadtrat ungewollt einen weiten Spagath hinlegen musste, für den er weder etwas konnte, noch ihn zu verhindern vermochte. Aber auch der Diakonieverbund war von Anfang an nicht der Schuldige in dieser Sache.

Schnell entwickelte sich dieser Tagesordnungspunkt zu einer hitzigen Debatte. Denn eines hatte Bürgermeister Koenen von Anfang an klar gestellt: Das Geld ist nicht im Haushalt vorhanden und die Forderung des Diakonieverbudnes rechtens. Also muss die Stadt in einem noch zu erstellenden Nachtragshaushalt die Summe darstellen. Einfach ausgedrückt: Einige Positionen im Haushalt müssen neu berechnet und die 400.000 Euro woanders gekürzt werden. Wie das bewerkstelligt werden kann, ist bei dieser Summe vollkommen unklar.

Das es allerdings zu dieser Forderung des Diakonieverbundes kam, zeigt wieder ein Mal, wie leicht es sich die CDU/SPD-Regierung in Erfurt macht. Per Gesetz wurde zum 31. Januar 2013 der Personalschlüssel für Kindertagesstätten geändert. Was an sich folgerichtig ist, wenn man die Zahlen betrachtet. Hatte eine pädagogische Fachkraft bisher 7 Kinder im Alter zwischen 0 und 2 Jahren zu betreuen, was kaum zu bewerkstelligen war, kommen nun 4 Kinder im Alter von 0 bis 1 Jahr auf eine Betreuerin und 6 Kinder zwischen 1 und 2 Jahren. Nehmen wir jetzt also eine gemischte Gruppe von 14 Kindern im Alter bis 2 Jahren an, werden dafür 3 Betreuer/innen benötigt, vorher waren es nur 2. Es wird also mehr Fachpersonal benötigt und das muss die Stadt dem Diakonieverbund natürlich bezahlen. Allerdings hat die CDU/SPD-Regierung mit dem neuen Gesetz keine erhöhte finanziellen Mittel an die Kommunen beschlossen. Das ist immer wieder die Crux beim Land: Sie bestellen die Musik, aber zahlen müssen die eh klammen Kommunen.

Oder eben die Eltern. Der Stadtrat hätte natürlich auch die Möglichkeit gehabt, die Elternbeiträge zu erhöhen. Die werden aber derzeit schon in kleinen Schritten erhöht, demnächst um 5 Euro. Eine erneute Erhöhung auf Grund des neuen Personalschlüssels zur Deckelung der 400.000 Euro hätten schlagartig eine Verdoppelung der Elternbeiträge bedeutet. Auch wenn die Eltern derzeit nur rund 25% der Kosten für einen Kindergartenplatz selber tragen, wäre diese Erhöhung eine Katastrophe gewesen. Dieser Weg schied für den Stadtrat also aus.
Auch hätte die Möglichkeit bestanden, einen Kindergarten zu schließen und die nicht aus Artern kommenden Kinder nicht mehr zu betreuen. Auch hier liegt das Dilemma wieder beim Gesetzgeber. Da die Eltern mit ihrem Kindergartenbeitrag nur 25% der Kosten tragen, verbleibt der Rest bei der Stadt Artern. So, wie er auch bei einer anderen Kommune verbleiben würde, wenn die Kinder dort in den Kindergarten gehen, muss diese Kommune das Geld an Artern zahlen. Und hier haben wir die Crux: Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass für diese "fremdbetreuten" Kinder durch die andere Kommune ein fester Satz zu zahlen ist. Da die Betreuung in Artern allerdings teurer ist, als dieser Satz, muss Artern zusätzlich Geld für die Kinder aufbringen, die nicht in Artern wohnen. Das Geld könnte Artern nur einsparen, wenn es keine fremden Kinder mehr aufnimmt. Da Artern aber eine Umlandfunktion erfüllt, will das der Stadtrat aber nicht.

Ein wenig schmunzeln mussten anwesende Kindergärtnerinnen dann schon, als aus den Reihen der CDU der Vorschlag kam, einfach mit dem alten Personalschlüssel weiter zu machen, um die 400.000 Euro für neues Personal einzusparen. Es geht aber nicht, sich einfach über ein Landesgesetz hinwegzusetzen. Vielleicht sollten sie sich einfach mal an die CDU-Abgeordneten und den CDU-Finanzminister wenden, warum man den Kommunen neue Probleme aufhalst, ohne sie finanziell abzusichern.
Derzeit wird nun geprüft, in wie weit es der Stadt billiger kommen würde, wenn sie die Kindergärten wieder selber betreibt. Das Ergebnis ist noch offen, allerdings machte Bürgermeister Wolfgang Koenen aus den Erfahrungen anderer Kommunen heraus wenig Hoffnungen auf großartige Einsparungen mittels Betreiberwechsel.

Am Ende stimmte der Stadtrat mehrheitlich bei einer Gegenstimme und drei Enthaltung für die Zahlung der 400.000 Euro an den Diakonieverbund.

Torsten Blümel

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