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Politik

Verhindert die CDU die vereinbarte Neuwahl des Thüringer Landtags?

Die für den 19. Juli geplante Auflösung des Thüringer Landtags ist nach aktuellen Verlautbarungen gefährdet. Regulär würde erst 2024 neu gewählt.

Bild: Lukas Götz - wikipedia

Bild: Lukas Götz - wikipedia

Erfurt. Vier Abgeordnete der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag haben in einer Erklärung kundgetan, dass sie die Auflösung des Thüringer Landtags nicht mittragen wollen. Es handelt sich um Michael Heym (59 Jahre, CDU), Jörg Kellner (63 Jahre, CDU), Maik Kowalleck (47 Jahre, CDU) und Christina Tasch (62 Jahre, CDU).

Der Thüringer Landtag umfasst 90 Abgeordnete. Die Auflösung kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Es müssen also 60 Abgeordnete dafür stimmen. Die Koalition aus Abgeordneten der Linken (29 Abgeordnete), der Grünen (5 Abgeordnete) und der SPD (8 Abgeordnete) verfügt über insgesamt über 42 Stimmen. Mit der CDU (21 Abgeordnete) hatte man sich nach der Wahl auf die Duldung einer Minderheitsregierung verständigt und Neuwahlen verabredet. Zusammen käme man auf die notwendigen 60, bzw. 63 Stimmen. Würden die 4 Abgeordneten den Beschluss nicht mittragen, würde eine Stimme fehlen.

Die CDU befindet sich aktuell in einem neuerlichen Umfragetief. Nach dem Debakel um die Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) im letzten Jahr zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen aus dem vom Thüringer Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Landesverband der AfD sank die CDU in Umfragen auf bis zu 12 % in der Wählergunst ab.*1

Wer sind die Revoluzzer in der CDU?

Darunter findet sich Michael Heym der seit 1999 in Landtag für die CDU sitzt und sich auch eine Koalition mit der AfD und FDP vorstellen kann.*2 Jörg Kellner sitzt seit 2009 für die CDU im Landtag und auch er zeigte, sich zusammen mit Heym, offen für eine Koalition mit AfD und FDP.*4 Maik Kowalleck sitzt ebenfalls seit 2009 im Landtag und sagt über sich selbst, dass seine größte Schwache Saalfelder Bier sei.*5 Interessanter ist allerdings, dass Kowalleck vor dem Debakel um die Kemmerich-Wahl im letzten Jahr der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag war. Mit dem Abgang von Mike Mohring schied er aus. Christina Tasch zählt ebenfalls zu den Verlierern in der CDU im letzten Jahr, denn unter Mohring war sie noch seine Vize.*6

Wie begründen Sie ihre Haltung?

In der Erklärung der vier Abgeordneten heißt es, dass für eine Auflösung des Thüringer Landtages gewichtige Gründe vorliegen müssten. Diese könne man nicht erkennen, „da die Landesregierung seit über einem Jahr ihren Geschäften nachgeht und ein beschlossener Haushalt finanzielle Sicherheit für das Land bietet.“*3 Weiter heißt es, dass „Abgeordnete der CDU [...] weder Befehlsempfänger noch Ersatzrad von RRG [sind]. Deshalb werden wir weder einen Antrag zur Selbstauflösung unterschreiben noch einen solchen Antrag im Parlament unsere Zustimmung geben.“ Die Abgeordneten lassen indes durchblicken, dass man sich seit Januar diesem Jahres nicht mehr an Absprachen gebunden sieht: „Mehrfache Abstimmungen in unserer Fraktion seit Januar 2021 belegen, dass es zu keinem Zeitpunkt eine notwendige 2/3 Mehrheit zur Auflösung des Landtags durch R2G und CDU gegeben hat. Daher sind die wiederholten Äußerungen aus der Spitze der CDU-Fraktion in der letzten Zeit für uns nicht nachvollziehbar.“

Was sagt Rot-rot-grün dazu?

Lesen Sie dazu die Gemeinsame Erklärung der Koalitionsfraktionen von Rot-Rot-Grün:

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„Nach der heute veröffentlichten Erklärung von vier Abgeordneten der CDU-Fraktion, der im Stabilitätsmechanismus zwischen DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU vereinbarten Neuwahl des Landtages nicht zuzustimmen, erwarten wir Klarheit vom CDU-Fraktionsvorsitzenden, ob die CDU sich weiter an die getroffene Vereinbarung hält“, erklären Steffen Dittes (DIE LINKE), Matthias Hey (SPD) und Astrid Rothe-Beinlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN).
Nach dem Tabubruch des 5. Februar 2020 und der darauffolgenden Regierungskrise vereinbarten DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der CDU die Auflösung des Landtages nach Beschlussfassung des Haushaltes 2021 und die Neuwahl des Thüringer Landtages. Die Auflösung muss mit einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Thüringer Landtages in offener Abstimmung beschlossen werden. Die Mitglieder der Fraktionen DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU haben zusammen 63 Abgeordnete. Die notwendige Mehrheit scheint nicht mehr gesichert.
„Wir stehen zu unserem Wort und sehen uns in der Verantwortung gegenüber den Menschen, die im Februar und März 2020 die Neuwahlen und damit eine neue politische Legitimation der politischen Verantwortungsträger:innen nach dem Tabubruch vom 5. Februar 2020 forderten. Wir sehen uns in der Pflicht gegenüber den Thüringer:innen, die zugesagte Wahl des Parlamentes wie versprochen auf den Weg zu bringen. Die Neuwahl wird nicht an fehlenden Stimmen aus unseren Fraktionen scheitern. Daher werden wir zu Beginn der möglichen Antragsfrist am 18. Juni 2021 der CDU einen Antrag zur Auflösung des Landtages nach Artikel 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Thüringer Verfassung vorlegen, der die Unterschriften aller 42 Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trägt“, erklären die Fraktionsvorsitzenden der rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen.
Die CDU ist aufgefordert, nun unmissverständlich zu zeigen, dass sie zu der mit dem CDU-Landesvorsitzenden und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden verhandelten Vereinbarung steht. „Es liegt in der Verantwortung des Landesvorsitzenden Hirte und Fraktionsvorsitzenden Voigt, nun Klarheit und Verbindlichkeit gegenüber den politischen Partnern des Stabilitätsmechanismus und gegenüber der Öffentlichkeit zu schaffen sowie eine für die Auflösung des Landtages notwendige Mehrheit jenseits von AfD und FDP vereinbarungsgemäß sicherzustellen“, so die Vertreter von Rot-Rot-Grün.
Die r2g-Fraktionsvorsitzenden haben die aktuelle Berichterstattung zum Anlass genommen, den CDU-Fraktionsvorsitzenden zu einem dringlichen Gespräch einzuladen, um über die Einhaltung und Umsetzung der Vereinbarung zu reden.

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Was sagt die CDU dazu?

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Zu aktuellen Debatte um die Auflösung des Thüringer Landtags erklären der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Mario Voigt, und der Vorsitzende der CDU Thüringen, Christian Hirte:
„Die CDU-Landtagsfraktion hat sich heute erneut mit breiter Mehrheit für die Auflösung des Landtags und für Neuwahlen ausgesprochen. Die entsprechende Abstimmung fand in der heutigen Fraktionssitzung statt, an der alle bis auf eine aus gesundheitlichen Gründen verhinderte Abgeordnete teilnahmen. Drei Abgeordnete erklärten, dass sie der Auflösung des Landtags nach heutigem Stand nicht zustimmen wollen. Die übrigen 17 anwesenden Abgeordneten tragen den Beschluss mit. In den intensiven Diskussionen wurde deutlich, dass die vorzeitige Auflösung des Landtags für keinen Abgeordneten eine leichte Entscheidung ist. Es bleibt jedoch noch Zeit, weitere klärende Gespräche zu führen. Das Land braucht Neuwahlen. Festes Ziel der breiten Fraktionsmehrheit ist es, Rot-Rot-Grün zu beenden.“

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Quelle *1: Forsa 07.02.2020, https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/thueringen.htm

Quelle *2: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/landtagswahl/ergebnis-koalition-ticker-100.html und https://www.deutschlandfunkkultur.de/richtungsstreit-in-der-thueringer-cdu-warum-michael-heym.1001.de.html?dram:article_id=462694

Quelle *3: https://twitter.com/R_Buchsteiner/status/1394923403606380546/photo/1

Quelle *4: https://www.faz.net/aktuell/politik/wahl-in-thueringen/zusammenarbeit-mit-afd-ziemiak-nennt-parteifreunde-irre-16469313.html

Quelle *5: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/landtagswahl/direktkandidat-portraet-maik-kowalleck-100.html

Quelle *6: https://www.rnd.de/politik/neuer-cdu-chef-in-thuringen-mario-voigt-ubernimmt-mohring-nachfolge-VKPBV7UXNNCRVX42LAXXDNN4QI.html

Matthias Zupp

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