Kyffhäuserkreis. Wenn Lebenszeit im Stau verloren geht: Auch in Zeiten von Lockdown und Homeoffice bleibt die Zahl der Pendler im Kyffhäuserkreis auf einem hohen Level. Im vergangenen Jahr verließen rund 12.800 Menschen auf dem Weg zur Arbeit die Kreisgrenzen. Darauf macht die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) aufmerksam. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Demnach blieb die Zahl der sogenannten Auspendler im Kyffhäuserkreis mit einem Minus von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert.
Zu den wesentlichen Ursachen für die anhaltend großen Pendelströme zählt nach Einschätzung der IG BAU Nordthüringen der teure Wohnraum in den Städten, in denen in den letzten Jahren besonders viele Arbeitsplätze entstanden. „Aufgrund der hohen Mieten können sich viele Beschäftigte das Wohnen dort, wo sie arbeiten, nicht leisten. Ein Umzug ist für sie nicht zu stemmen. Als Alternative bleibt oft nur stundenlange Fahrerei mit dem Auto oder der Bahn“, so der stellvertretende Bezirksvorsitzende Harald Buntfuß. In der Baubranche seien weite Anfahrtswege besonders verbreitet. Es dürfe aber nicht sein, dass Bauarbeiter, die in den Metropolen Wohnungen bauten, sich diese selbst nicht mehr leisten könnten.
Die IG BAU fordert deshalb mehr Anstrengungen bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums. „Deutlich mehr Wohnungen, die sich in den Großstädten auch Gering- und Normalverdiener leisten können, sind ein entscheidender Beitrag, um die Pendler-Zahlen zu verringern“, sagt Buntfuß. Beim sozialen Wohnungsbau müssten die staatlichen Fördermittel massiv aufgestockt werden und einmal gebaute Sozialwohnungen dauerhaft preisgebunden bleiben.
Dass Menschen in der Nähe ihres Arbeitsplatzes wohnen können, sei nicht nur eine soziale, sondern auch eine ökologische Frage: „Weniger Pendelei bedeutet für die Betroffenen mehr Zeit für die Familie, Freunde und Hobbys. Gleichzeitig kann ein erheblicher Teil der CO2-Emissionen im Verkehrssektor eingespart werden“, so Buntfuß weiter.
Nach Angaben der Arbeitsagentur verließen im vergangenen Jahr bundesweit vier von zehn sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf dem Weg zur Arbeit die Grenzen ihrer Stadt oder ihres Landkreises. Damit erreichte die Zahl der Fern-Pendler trotz Pandemie einen Höchststand von 13 Millionen.