Politik

Artern nach Sömmerda?

Lesen Sie hier die Beschlussvorlage der Linken in Artern, die hohe Wellen geschlagen hat. Mit einem Kommentar von Matthias Zupp.

Artern. Diese Beschlussvorlage hat die Fraktion der Linken im Arterner Stadtrat auf die Tagesordnung für die Sitzung am kommenden Montag setzen lassen. Der Kreisausschuss des Kyffhäuserkreises beschloss dann auf Initiative vom Bad Frankenhäuser Bürgermeister Matthias Strejc (SPD) einen Eilantrag der die Förderung von Projekten in Artern einstellen soll, darunter auch die 3-Felder-Halle. Dass ein derartiger Beschluss überhaupt gültig ist oder ob der Kreistag derartiges erst beschließen müsste, ist strittig. Allerdings sollen die Fördermittel für den Bau der Halle bereits am 30.06. beantragt werden und im Zweifelsfall würden juristische Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Artern und dem Kyffhäuserkreis ins Haus stehen.

Dass der Kyffhäuserkreis Geld in Artern versenken würde, wenn die Stadt nach Sömmerda wechselte, ist so nicht haltbar. Investitionsvorhaben würden vom neuen Kreis anteilig erstattet. Davon, dass die Stadt Artern das zweitgrößte Gewerbesteueraufkommen im Kreis vorzuweisen hat, von dem die Hälfte an den Landkreis geht, redet natürlich niemand.

Unsere Vorlage war als Signal an die Landesregierung gedacht, dass für uns der ursprüngliche Plan „Nordhausen - Kyffhäuserkreis - Sömmerda“ der viel bessere wäre und das ist so nach wie vor. Ironischerweise hat der Kreistag und auch Herr Strejc diese Lösung favorisiert. Die Stadt Artern selbst kann den Austritt sowieso nicht beschließen, dazu bräuchte es noch einen Beschluss des Kreises und das grüne Licht von der Landesregierung. Das sollten auch die Mitglieder des Kreisausschusses wissen. Unter diesen Gesichtspunkten sollte man die Einmischung in unseren Rat verstehen, nämlich als Erpressung und Verhinderung einer Diskussion der Beschlussvorlage im Arterner Stadtrat. Demokratie geht anders! Für mich persönlich bestätigt dieses Verhalten der Kreisoberen genau das, was in der Begründung der Beschlussvorlage steht: Artern hat, hatte und wird ihn nie haben, den gerechten Stand in diesem Kreisgebilde.

Lesen Sie hier die Vorlage, die wir ursprünglich für Montag vorgesehen hatten, damit Sie sich selbst ein Bild über den ursprünglichen Sinn machen können.

Gegenstand der Vorlage:
Austritt der Stadt Artern aus dem Kyffhäuserkreis und Anschluss an den Landkreis Sömmerda im Zuge der Gebietsreform

Begründung:
Der Kyffhäuserkreis soll nach den Plänen des Innenministeriums mit dem Landkreis Nordhausen zu einem Kreis fusionieren. Im neuen Kreis würden 133.000 Menschen leben.
Das Gutachten, dass der Gebietsreform in Thüringen zugrunde liegt, spricht sich nur für ein Zusammengehen von Weimar, Weimarer Land und dem LK Sömmerda aus. Weimar kreisfrei zu lassen sieht diese 9 +2 Variante nicht vor (Die Grenze für kreisfreie Städte liegt im Vorschaltgesetz bei 100.000 Einwohnern). Der Landkreis Sömmerda kommt zusammen mit dem Weimarer Land auf etwa 127.000 Einwohner. Damit entsteht ein Kreis, der den Vorgaben der Gebietsreform (130.000 Einwohner/Kreis im Jahre 2035) nicht entspricht. Der Gutachter, Prof. Dr. Jörg Bogumil, betont aber genau das: „Wichtigstes Kriterium bei der Neuordnung der Kreise ist die Orientierung an Einwohnerzahlen von mindestens 130.000 und höchstens 250.000 Einwohnern (bezogen auf das Jahr 2035) [...]“1 S. 82f.
Die Lösung des Planes 8 + 2 (KYF, NDH, SÖM) wird im Gutachten favorisiert. Es würde ein Kreis mit 192.243 Einwohnern entstehen und damit, mit Blick auf den demografischen Wandel, ein längerfristig tragbares Konstrukt. Der Autor Prof. Bogumil favorisierte die Lösung 8 + 2 noch unter einem anderen Aspekt: „Der Vorteil wäre hier, dass es zu einem besseren Ausgleich durch die Zusammenlegung der beiden besser aufgestellten Gebietseinheiten (Weimarer Land, Weimar) mit dem Kreis Sömmerda kommt als in dem Modell 8+2. Zudem befinden sich Sömmerda, Weimar und der Landkreis Weimarer Land in der gleichen Planungsregion. Die Pendlerverflechtungen sprechen aber stärker für die Lösung im 8+2 Modell.“1 S. 80 f.

Die Pendlerverflechtungen sind Ausdruck der besonderen Verknüpfung der Region Artern, Heldrungen, Roßleben und Wiehe (im weitere Ostkreis genannt) und dem Landkreis Sömmerda. Mit Weißensee, Kölleda und der Kreisstadt Sömmerda sind wirtschaftsstarke Gemeinden im Kreis Sömmerda zu finden, in denen auch viele Arternerinnen und Arterner arbeiten. Dazu kommen noch gewerbesteuerstarke Städte und Gemeinden aus dem Weimarer Land (z.B. Apolda, Blankenhain) Die Früchte dieser Arbeit in Form der Gewerbesteuer kommt dem Landkreis zugute. Davon sollten wir auch profitieren. Weiterhin stellt das Gutachten klar: „Der Entwicklungskorridor entlang der A 71 weist insbesondere im Abschnitt Sömmerda – Erfurt – Arnstadt – Ilmenau eine hohe Entwicklungsdynamik auf. Neben der hochwertigen Verkehrsinfrastruktur, bereits vorhandenen bzw. in Entwicklung befindlichen Gewerbe- und Industrie(groß)flächen [und] der relativ dichten Folge höherstufiger Zentraler Orte [...]“1 S. 52
Wir sollten in ein Kreisgefüge eintreten, dass sich des Potentials des Entwicklungskorridors A71 weiter annimmt. Es gilt zu befürchten, dass sich der neue Kreis aus Nordhausen + Kyffhäuserkreis zukünftig noch stärker auf touristische Aspekte konzentrieren wird. In diesem Gebilde werden wir weiterhin das Loh-Orchester, zukünftig auch noch das Theater Nordhausen und touristische Prestigeprojekte, wie den geplanten Geolift, über unsere Kreisumlage mitfinanzieren.

Artern wäre im Anschluss an den LK Sömmerda + Weimarer Land die 5. größte Stadt im Kreis (Gebietsreform nicht eingerechnet, weiteres Potential!). Im Kreis LK Nordhausen + Kyffhäuserkreis würde Artern nach Einwohnern ebenfalls an der 5. Stelle stehen. Allerdings ergeben sich durch die Einwohnerstärke Nordhausens und Sondershausen ungünstige Konstellationen im zukünftigen Kreistag (s. Zahlen rechts).

Die Kreisumlage im LK Nordhausen beträgt 292 Euro pro Einwohner. Im Kyffhäuserkreis sind es 315. Im LK Sömmerda nur 252, Weimarer Land 292. Die Steuereinahmekraft pro Einwohner beträgt im LK Nordhausen 565 €/Einwohner, Kyffhäuserkreis 491. Im Sömmerda liegt sie bei 652, im Weimarer Land bei 666. Auch Schaukarten über getätigte Sachinvestitionen in den einzelnen Landkreisen sprechen für einen Anschluss Richtung Sömmerda (€/Einwohner aus 2014: Nordhausen: 225, Kyffhäuserkreis 248, Sömmerda 258, Weimarer Land 324). Es gibt noch weitere Zahlen, die die höhere Wirtschaftlichkeit der Landkreise Sömmerda und Weimarer Land untermauern.

Als letzten Aspekt möchten wir auf die gute Anbindung an Sömmerda per A71 und Bahn verweisen. Der Vorschlag des Innenministeriums ist nicht sakrosankt und es wird Zeit den Fehler zu korrigieren die Stadt Artern in den Kyffhäuserkreis zu integrieren. Wirtschaftliche, geografische und machtpolitische Verhältnisse sprechen gegen eine gute Stellung der Stadt Artern, sowie des gesamten Ostkreises, im Kyffhäuserkreis mit der Kreisstadt Sondershausen. Durch den Anschluss von Nordhausen wird sich vor allem das Machtgefüge im Kreis weiter gen Westen verschieben.

Quelle 1: Gutachten im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales (TMIK), Prof. Dr. Jörg Bogumil, Bochum 10.10.2016

Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat der Stadt Artern spricht sich für ein Loslösen der Stadt Artern aus dem Kyffhäuserkreis und einen Anschluss an den Landkreis Sömmerda aus. Im Zuge der Umsetzbarkeit beauftragt der Stadtrat zudem die Bürgermeisterin Gespräche mit den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen der VG Mittelzentrum Artern, der VG An der Schmücke, der Stadt Wiehe und der Stadt Roßleben zu führen und dort für dieses Vorhaben einzutreten.

Matthias Zupp

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